Deutungen des Krishna-lila: Dhenukasura

Dhenukasuras EndeDhenukasura, der Eseldämon, steht für Geld- und Machtstreben oder die egoistische Bemühung schlechthin. So gibt es in dieser Welt wohl keinen Mangel an Personen, die als Dhenukasura beschrieben werden könnten. Srila Bhaktisiddhanta Saraswati Thakura schreibt in einem Artikel aus dem Harmonist (The Harmonist, Mai 1932), dass der aufstrebende Gottgeweihte diese Übel mit eigener Bemühung entfernen und die Barmherzigkeit Krishnas erlangen wird. Verlust der Selbsterkenntnis sowie das Wissen um die eigene Beziehung zum Höchsten Herrn oder kurz Unwissenheit machen Dhenukasura aus. Lüsternheit nach dem anderen Geschlecht, Gier nach Reichtum, Luxus und Reputation usw. sind sehr bösartige Übel und Srila Bhaktisiddhanta empfiehlt, sie unter Anwendung höchster Sorgfalt und Bemühung zu entfernen. Dieser Vorgang ist von Natur aus sehr vertraulich und er sollte von dem echten spirituellen Meister erlernt werden. Wenn die Demut sehr groß und intensiv wird, dann wird Krishna barmherzig sein und Dhenukasura durch Balarama, den spirituellen Meister, sein Ende finden. 

Ausschnitt aus "Krishna - Der Höchste Persönliche Gott", Kapitel 15:

Während Krishna so bei Seinen überaus glücklichen Freunden Seine inneren Energien offenbarte, ereignete sich wieder ein Zwischenfall, der Ihm Gelegenheit gab, Seine übermenschlichen Kräfte zu entfalten. Seine engsten Freunde, Sridama, Subala und Stokakrsna, sprachen Ihn und Balarama nämlich einst höchst liebevoll mit folgenden Worten an: "Lieber Balarama, Du bist sehr mächtig, und Deine Arme sind von unglaublicher Stärke.  Lieber Krishna, Du hast schon oft Deine Fähigkeit bewiesen, mit allen Arten übler Dämonen fertig zu werden. Wisset, dass sich nicht weit von hier ein großer Wald namens Talavana befindet. Dieser Wald steht voller Obstbäume, die mit den herrlichsten Früchten beladen sind. Die Früchte sind jetzt gerade voll ausgereift und müssen köstlich schmecken; einige beginnen bereits abzufallen. Es ist also ein wirklich schöner Ort, aber weil ein großer Dämon namens Dhenukasura dort haust, ist es ziemlich gefahrvoll, den Wald zu betreten. Niemand wagt es, sich diesen Bäumen auch nur zu nähern, um ein paar Früchte aufzusammeln. Der Dämon weilt dort ständig in der Form eines Esels, umgeben von dämonischen Freunden in ähnlichen Gestalten, deren Stärke so gefürchtet ist, dass niemand sich in den Wald traut. Liebe Brüder, Krishna und Balarama, Ihr seid die einzigen, die mit solchen Dämonen fertig werden können; niemand sonst kann dorthin gehen, ohne befürchten zu müssen, getötet zu werden. Selbst die Tiere meiden den Ort, und kein Vogel baut dort sein Nest. Sie alle haben den Wald verlassen. Man kann nur noch die süßen Düfte riechen, die von weitem herüberwehen, und bis heute hat noch niemand von den nektargleichen Früchten probiert. Offen gesagt, lieber Krishna, die süßen Düfte locken uns sehr. Lieber Balarama, lass uns gemeinsam hingehen und uns an den Früchten laben. Die verlockenden Düfte dringen bereits bis hier her. Könnt Ihr sie nicht riechen?"
Als Krishna und Balarama so von ihren lächelnden Freunden gedrängt wurden, konnten Sie nicht widerstehen und machten Sich, umgeben von all Ihren Gefährten, auf den Weg zum Wald. Kaum hatten sie den Talavana-Wald betreten, da begann der starkarmige Balarama mit der Kraft eines Elefanten an den erstbesten Bäumen zu rütteln, worauf eine Unzahl reifer Früchte geräuschvoll niederprasselte. Der Dämon Dhenukasura eilte, als er den Lärm der fallenden Früchte vernahm, in seiner Eselsgestalt zornentbrannt zum Ort der Störung - so ungestüm, dass die Bäume zitterten wie bei einem Erdbeben. Der Dämon näherte sich als erstes Balarama und trat mit seinen Hinterhufen gegen dessen Brust. Anfangs sagte Balarama nichts dazu, aber der wutschnaubende Dämon trat Ihn ein zweites Mal mit noch größerer Heftigkeit. Da ergriff Balarama die Hinterbeine des Esels, schleuderte ihn einige Male herum und warf ihn in den nächsten Baumwipfel. Schon während der Dämon in der Luft herumgewirbelt wurde, hauchte er sein Leben aus. Balarama warf ihn in die höchste Palme, und der Körper des Dämonen war so gewichtig, dass die Palme umfiel und mehrere andere Bäume mit sich riss. Es war wie bei einem gewaltigen Orkan, bei dem ein Baum nach dem anderen umstürzt. Die außergewöhnliche Kraft Balaramas ist im Grunde nicht erstaunlich, denn Balarama ist der Persönliche Gott, auch Ananta Sesanaga genannt, der auf Seinen Millionen von Häuptern alle Planeten in der Schwebe hält. Die gesamte kosmische Manifestation wird von Ihm erhalten, wie zwei Schnüre beim Webstuhl das Gewebe des Tuches festhalten.
Als sie den Dämon über die Bäume fliegen sahen, rotteten sich die Freunde Dhenukasuras zusammen und stürmten voller Wut auf Krishna und Balarama zu. Sie waren entschlossen, den Tod ihres Kumpanen zu rächen, und den Jungen den Garaus zu machen. Aber Krishna und Balarama bekamen jeden der Esel bei den Hinterbeinen zu fassen, und schleuderten sie, genau wie Sie es mit Dhenukasura gemacht hatten, durch die Luft und warfen die toten Ungeheuer in die Bäume. Hinterher boten die leblosen Eselsleiber einen einzigartigen Anblick. Sie glichen Wolken verschiedener Färbungen, die sich in den Bäumen niedergelassen hatten. Die Halbgötter von den höheren Planeten begannen, als sie von dieser Tat hörten, Blumen auf Krishna und Balarama regnen zu lassen, ihre Trommeln zu schlagen und Ihnen hingebungsvolle Gebete darzubringen.
Schon wenige Tage nach dem Tode Dhenukasuras betraten wieder Menschen den Talavana-Wald, um Früchte zu sammeln, und auch die Tiere kehrten ohne Furcht zurück, um sich an dem saftigen Gras, das dort wuchs, gütlich zu tun. Einzig durch das Hören und Chanten der transzendentalen Taten und Spiele der Brüder Krishna und Balarama kann man so große Vorteile erhalten, wie man sie sonst nur durch viele fromme Werke erlangt.

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