Deutungen des Krishna-lila: Kamsa

Kamsas EndeKamsa repräsentiert das materielle Bewusstsein und den Materialisten, das oder der alle möglichen Vorkehrungen trifft und sogar vor Greueltaten nicht zurückschreckt, um das Krishna-Bewusstsein oder das Erscheinen Krishnas zu verhindern. Der sündhafte Kamsa ist die Angst vor Krishna in Person und er überlegt sich stets, wie er seinen Feind töten könnte. Trotz all seiner Macht und all seiner dämonischen Gehilfen ist es ihm jedoch bestimmt, letztendlich von Krishna von seinem Thron gezerrt und als Strafe für seine vielen Übeltaten sein verdientes Ende zu finden. 

Srila Bhaktisiddhanta Sarasvati Thakura beschreibt König Kamsa in einem bekannten Artikel (The Harmonist, Vol. XXIX, No. 7, 1932) als den typischen aggressiven, empirischen Philosophen, der stets nach dem Erscheinen des Übersinnlichen (Krishna) Ausschau hält, um es dann zu unterdrücken. Kamsa glaubt nur an das, was er sehen und begreifen kann, und er empfindet deswegen eine Abneigung gegen das Übernatürliche, das er als Dogmatismus und Heuchlerei unter dem Deckmantel von Religion betrachtet. Würde er das Entstehen des Glaubens an das Übersinnliche nur früh genug bekämpfen, dann würde er es vernichten können, so denkt er. Als Atheist betrachtet er das Erscheinen und den Glauben oder die Hingabe an das Übersinnliche als Ketzerei und Aberglauben. In Wirklichkeit hat er jedoch keine Macht über Krishna und überall dort, wo wirkliches Krishna-Bewusstsein erscheint, bedeutet dies über kurz oder lang das ultimative Ende des materiellen Bewusstseins.

Ausschnitt aus dem Srimad Bhagavatam: 

Karmsa dachte: Worin besteht jetzt meine Pflicht? Der Höchste Herr, der Sein Vorhaben kennt [paritranaya sadhunam vinasaya ca duskrtam], wird Seine Stärke nicht verlieren. Devaki ist eine Frau; sie ist meine Schwester, und darüber hinaus ist sie jetzt schwanger. Wenn ich sie töte, werde ich sicher meinen guten Ruf und meinen Reichtum einbüßen, und meine Lebensdauer wird sich verkürzen.  (10.2.21)

Sukadeva Gosvami sagte: Auf diese Weise dachte Kamsa nach, und obwohl er entschlossen war, seine feindselige Haltung gegenüber der Höchsten Persönlichkeit Gottes weiterhin beizubehalten, nahm er von dem schändlichen Mord an seiner Schwester Abstand. Er beschloss, bis zur Geburt des Herrn zu warten und dann alles Nötige zu tun. (10.2.23)

Auf seinem Thron, in seinem Wohnraum, auf dem Bett, ja praktisch überall, wo er sich aufhielt, und beim Essen, Schlafen und Gehen sah Kamsa nur noch seinen Feind, den Höchsten Herrn, Hrsikesa. Mit anderen Worten, dadurch, dass Kamsa an seinen alldurchdringen Feind dachte, wurde er im negativen Sinne Krishna-bewusst. (10.2.24)

Ein Nichtgottgeweihter oder Atheist entwickelt ebenfalls Gottesbewusstsein, indem er versucht, Gott unter allen Umständen aus dem Weg zu gehen. Zum Beispiel halten die sogenannten Wissenschaftler, die mit Hilfe chemischer Manipulationen Leben erschaffen wollen, die äußeren, materiellen Elemente für das Höchste. Die Vorstellung, dass das Leben ein Bestandteil des Höchsten Herrn ist, ist solchen Wissenschaftlern zuwider. Wie in der Bhagavad-gita klar gesagt wird (mamaivamso jiva-loke jiva-bhutah), entstehen die Lebewesen nicht aus einer Kombination von materiellen Elementen (Erde, Wasser, Feuer, Luft und Äther), sondern sind gesonderte Bestandteile der Höchsten Persönlichkeit Gottes. Wenn man die Stellung des Lebewesens als abgesonderten Bestandteil der Höchsten Persönlichkeit Gottes versteht, kann man durch das Studium der Natur des Lebewesens die Natur des Höchsten Herrn verstehen, denn das Lebewesen ist ein winziges Ebenbild Gottes. Doch weil Atheisten mit Gottesbewusstsein nichts zu tun haben wollen, versuchen sie glücklich zu werden, indem sie Krishna-Bewusstsein in den verschiedensten negativen Formen entwickeln.
Obwohl Kamsa immer in Gedanken an Hari, die Höchste Persönlichkeit Gottes, versunken war, war er nicht glücklich. Ein Gottgeweihter dagegen ist immer glücklich, ob er nun auf einem Thron oder unter einem Baum sitzt. Srila Rupa Gosvami trat von seinem Amt als Regierungsminister zurück, um unter einem Baum zu sitzen, aber dennoch war er glücklich. Tyaktva turnam asesa-mandalapati-srenim sada tucchavat (Sad-gosvamy-astaka 4). Er legte keinen Wert auf ein geruhsames Leben als Minister, sondern war sogar unter einem Baum in Vrndavana glücklich, da er der Höchsten Persönlichkeit Gottes in einer wohlgesinnten Haltung diente. Dies ist der Unterschied zwischen einem Gottgeweihten und einem Nichtgottgeweihten. Für einen Nichtgottgeweihten ist die Welt voller Probleme, während für einen Gottgeweihten die ganze Welt voller Glückseligkeit ist. (Bhaktivedanta Kommentar zu 10.2.24)

Auszug aus "Krishna - Der Höchste Persönliche Gott", Kamsas Tod, Kapitel 43

Alle Leute, die in der Ringkampfarena versammelt waren, klatschten begeistert Beifall. Ihre Freude kannte keine Grenzen und die anwesenden brahmanas begannen Krishna ekstatisch zu preisen. Nur Kamsa war verdrießlich. Weder klatschte er in die Hände noch gab er Krishna seinen Segen. Es ärgerte ihn, dass die Trommeln zu Ehren Krishnas geschlagen wurden, und es tat ihm sehr leid, dass seine Ringer entweder tot oder aus der Arena geflohen waren. Daher gebot er dem Trommeln Einhalt und sprach zu seinen Freunden: "Ich befehle, dass man die beiden Söhne Vasudevas augenblicklich aus Mathura jagt. Die Kuhhirtenjungen, die mit Ihnen gekommen sind, sollen ausgeplündert und aller Reichtümer beraubt werden. Nanda Maharaja nehmt sofort für seine Hinterlist gefangen und tötet ihn, und bringt auch den Schurken Vasudeva ohne Verzögerung um. Mein Vater, der hinter meinem Rücken ständig mein Feinde unterstützt, soll ebenfalls beseitigt werden."
Als Kamsa das sagte, wurde Krishna sehr zornig und sprang in Sekundenschnelle über die großen Leibwächter, die König Kamsa umgaben. Kamsa war auf Krishnas Angriff vorbereitet, denn er wusste ja von Anfang an, dass dieser die Ursache seines Todes werden sollte, und so zog er augenblicklich sein Schwert und schickte sich an, den Angriff Krishnas mit Waffe und Schild zu begegnen. Doch obgleich Kamsa wild mit dem Schwert um sich schlug, packte ihn Sri Krishna, der mächtigste Herr, mit großer Kraft. Der Höchste Persönliche Gott, der die Zuflucht der gesamten Schöpfung ist, und aus dessen Lotosnabel die Schöpfung hervor geht, schlug Kamsa sogleich die Krone vom Kopf, griff in sein langes Haar und zog den König vom Thron zum Kampfplatz herunter, wo Er ihn zu Boden warf. Geschwind setzte sich Krishna rittlings auf die Brust des dämonischen Königs und schlug immer wieder mit der bloßen Faust auf ihn ein. Durch diese Faustschläge verließ Kamsa alle Lebenskraft.
Um Seinen Eltern zu zeigen, dass Kamsa auch wirklich tot war schleifte Krishna ihn durch die Arena wie ein Löwe, der einen erlegten Elefanten wegschleppt. Bei diesem Anblick ging ein Tosen durch die Menge, denn einige der Anwesenden jubelten laut, während andere in lautes Wehklagen ausbrachen. Von dem Tag an, an dem Kamsa erfahren hatte, dass er von dem achten Sohn Devakis getötet werden würde, hatte er ohne Unterbrechung vierundzwanzig Stunden am Tag an Krishna gedacht - wenn er aß, wenn er ging und bei jedem Atemzug -, und deshalb wurde er natürlich mit Befreiung gesegnet. In der Bhagavad-gita wird erklärt: sada tad bhava bhavitah (BG 8.6) - entsprechend den Gedanken, mit denen man sich ständig beschäftigt, erhält man den nächsten Körper. Kamsa nun dachte an Krishna in der Form, in der Er ein Feuerrad trägt, das heißt an Narayana, der in Seinen vier Händen ein Feuerrad, ein Muschelhorn, eine Lotosblüte und eine Keule hält.

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